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DAS LANGOBARDISCHE FÜRSTEN GRAB UND REIHENGRÄBERFELD VON OIVEZZANO, BESCHRIEBEN VON DR. FRANZ \VIESER, o. ö. Profe$sor an der Universität in Innsbruck. :MIT 5 TAFELN UND 8 IN DEN TEXT GEDRUCKTEN ILLUSTRATIONEN. INNSBRUCK. VERLAG 'DER W AGNER'SCHEN UNIVERSITlETS-BQCBHANDLUNG. 1887. 11111 11 111111 I I I 111 111 DAS LANGOBARDISCHE FÜRSTEN GRAB UND REIHENGRÄBERFELD VON OIVEZZANO, BESCHRIEBEN VON DR. FRANZ WIESER, o. ö. PI·ofedSOl' an deI' Universität in Innsbruck. MIT 5 TAFELN UND 8 IN DEN TEXT GEDRUCKTEN ILLUSTRATIONEN. INNSBRUCK. VEltLAG lJER W AGNER'SCHEN UNIVERSITßTS-BUCBHANDLUNG. 1887. Alls der Zeitschrift des Ferdin:\ndeun1s IU. Folge 30. Heft besonders a.bgedruckt. DRUCK DER waonerGセctャ@ IlNIVERSITIETS-BUCIIDRUCKEREI. Das tirolische Landes-Museum (Ferdinandeum) machte währ()nd des abgelaufenen Vereinsjahres eine archäologische Acquisition, welche eine äusserst wertvolle Bereicherung seiner urgeschichtlichen Sammlung repräsentiert, und die geeignet ist, auch ausserhalb Tirols Aufsehen zu erregen, und die Aufmerksamkeit der Fachleute auf sich zu ziehen. Durch die "k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale" in Wien aufmerksam gemacht, dass sich im Besitze des Antiquars A. U e be r ba c her in Bozen ein interessanter Grabfund aus Südtirol befinde, beauftragte mich die V orstehung unseres Museums, diese Gegenstände in aオァ・ョウ」ィゥエセ@ zu nehmen, und eventuell wegen des Ankaufes zu unterhandeln. Ich rei.ste sofort nach Bozen, und zu meiner freudigen Ueberraschung stellte sich heraus, dass hier eine antiquarische Rarität ersten Ranges, aer Inhalt eines langobardischen Fürstellgrabes, vorliege. Da der Ausschuss des Ferdinandeums die nöthigen Geldmittel ohne Zögern zur Verfügung stellte, und andererseits Herr Ueberbacher, das hervorragende wissenschaftliche Interesse des Fundes erkennend, selbst Werth darauf legte, dass dieser dem Lande erhalten bleibe, so konnte der Kauf rasch abgeschlossen werden. Meine nächste Aufgabe war nun, die Fundstelle selbst anzusehen, und über die Fund-Modalitäten möglichst genan:e Erkundigungen einzuziehen. Ich theile im Nachstehenden mit, was ich diesbezüglich in Erfahrung bringen konnte, und muss freilich dem lebhaften Bedauern Ausdruck geben, dass di()se aussergewöhnlich interessanten Gräber nicht von fachkundiger Hand geöffnet und ausgebeutet wurden. In gar manchen 1• 4 Punkten sind wir jetzt auf blosse Vermutungen angewiesen, wo eigene Beobachtung uns hätte Gewissheit verschaffen können, und wie viele interes!)ante und vielleicht hoch bedeutsame Umstände mögen völlig unbeachtet geblieben sein! Die fraglichen Objecte sind in unmittelbarer Nähe von Ci v e z z a n 0, einem Dorfe östlich von Trient am Ausgange des Fersina - Thales, ausgegraben worden. Die Fun ds tell e ist eine Plateau-Zunge zwischen der Fersina-Schlucht und dem Thale eines kleinen Torrente, der sich südöstlich von Civezzano mit der Fersina vereinigt. Das auf dem Plateau befindliche Weingut ist Eigenthum der Brüder Dorigoni. Etwa 200 Schritt oberhalb der Vereinigungsstelle der beiden Thalfurchen - und zwar nahe am Abfalle gegen die kleinere Schlucht - kamen im Februar des vergangenen Jahres beim Umreuten des Weinberges z w ei GI' ä bel' zum Vorschein. Die Distanz zwischen denselben betrug circa 2 Meter. In dem ersten Grabe fanden sich, umgeben von schwarzer Erde, ohne Spur einer Steinsetzung, folgende Oh jecte: ein langes Eisenschwert (spatha), ein vierkantiger PYl'a" midaler Knopf aus Bronze, und eine eiserne Gürtel-Schnalle mit Gegen beschläge. Ungleich reichhaltiger war das zweite Grab. In demselben lag lang ausgestreckt, mit dem Gesichte nach Osten gekehrt, die Arme anliegend, ein gut erhaltenes Skelet. Leider wurde es von den Arbeitern zerstört. N ur ein Theil des Schädels ist erhalten geblieben. Er ist sehr lang und schmal!), hat dachförmigen Scheitel, und zeigt überhaupt ganz exquisiten Reihengräber-Typus. Neben und auf dem Skelete fanden sich folgende Beigaben. Auf der rechten Seite ein zweischneidiges Lang-Schwert mit der Spitze nach abwärts, weiter 3 Pfeilspitzen und in Kopfhöhe eine blattförmige Lanzenspitze. Zur Linken lag ein einschneidiges I) Obwol das Occiput fehlt, beträgt die Länge nicht weniger als 210 mm • [) Kurz-Schwert (Skramasax), ein reichverzierter Schildbuckel, ein eiserner Arm-Ring, zwei tauschierte Riemen-Beschläge und eine eiserne Scheere. Auf der Brust hatte der Todte ein Kreuz aus gepresstem Goldblech, und in der BeckenGegend zwei pyramidale Bronze-Knöpfe, sowie mannigfach verschlungene Gold-Fäden. Auf den Beinen unterhalb der Kniee lag umgestürzt ein grosses Bronze-Becken. Links vom Kopfe befanden sich mehrere eiserne Reife und BeschlägFragmente, welche offenbar zu einem hölzernen Eimer gehörten. Ein paar eiserne Schnallen endlich lagen an nicht mehr genau bestimm baren Punkten. Dieser Grabinhalt war umgeben und bedeckt von zahlreichen eisernen Schienen und Dekorations-Stücken, welche unzweifelhaft von dem Beschläge des Holzsarges herrührten, in welchem der Todte beigesetzt war. Und dieses nahezu vollständige Sarg-Beschläge ist es namentlich, was dem Grabe so hervorragenden Werth verleiht. Mit Rücksicht auf diesen unvergleichlich prächtigen Sarg und auf den ungewöhnlich reichen Inhalt desselben dürfen wir dieses zweite Grab uubedenklich als Für s te n g ra b bezeichnen. Im Herbste 1885 wurden dann an der nämlichen Stelle, wieder in einer gegenseitigen Entfernung von circa 2 Meter, z w ei we i te r e G r ä b er aufgedeckt. Die Skelete schauten auch hier nach Osten. An Beigaben enthielt das eine Grab: 3 eiserne Pfeilspitzen , 1 Gürtel-Schnalle, 4 Riemen-Beschläge und 2 Riemen-Zungen aus Bronze; das andere Grab: 5 Riemen-Beschläge und 4 Riemen-Zungen aus Bronze. Als verstreutes Fundstück kam zwischen den Gräbern ein meisselartiges Werkzeug aus Bronze mit vierkantigem Stiele zum Vorschein 1)._ Ich lasse nun eine detailiertere Beschreibung der einzelnen Fundgegenstände folgen. A J ove principium! 2) Der vorliegende Fundbericht war bereits druckfertig, als mir der Aufsatz von L. Ca m pi: »Le tombe barbariche di Civezzano e alcuni 6 I. Das Fürstengrab. 1. Der Sarg. Von dem Sarge sind nur die eisernen Beschläge und Dekorationen erhalten. Das Holzwerk ist begreiflicherweise durch Fäulnis vollständig zerstört, bis auf ein paar unbedeutende Reste, welche, stark mit Eisen-Oxydhydrat imprägniert, den eisernen Schienen anhaften. Professor Dr. Peyritsch war so liebenswürdig, einzelne dieser Partikelchen einer anatomischen Untersuchung zu unterziehen, welche ergab, dass das Holz von einer Conifere stamme, und zwar unzweife1l1aft von einer L ä r c h e. Die eisernen Bestandtheile waren zwar im Ganzen überraschend gut conserviert. Allein so wie sie in unsere Hände gelangten, bildeten sie einen wirren Haufen von verbogenen und zerbrochenen Schienen, Stangen und Hacken, so dass es unmöglich war, sich eine auch nur einigermassen klare V orstellung von dem Sarge zu machen. Ich hielt es daher rinvenimenti medioevali nel Trentino. Estratto daU' Archivio Trentino anno V. fasc. I. 1886« (Vergl. auch Mittheilungen d. k. k. CentralCommission in Wien 1886, p. CXIX-CXXI) zukam. Der Herr Verfasser dieses Artikels hat die Fundobjecte von Civezzano, noch ehe sie in den Besitz des Ferdinandeums gelangten, einer (wie er selbst zugesteht) nur flüchtigen Untersuchung unterzogen. Da er ausserdem mit der einschlägigen Literatur nur wenig vertraut ist, so konnte es nicht ausbleiben, dass sich in seine Darstellung zahlreiche Unrichtigkeiten, Missverständnisse und Ungenauigkeiten einschlichen. Die Zeichnungen sind ungenügeud, zum Theil geradezu irreführend; die Rekonstruction des Sarges ist total verfehlt. Wenn es überhaupt höchst fraglich ist, ob der Wissenschaft mit derartigen auf völlig unzureichenden Informationen beruhenden Veröffentlichungen gedient wird, so erscheint eine solche in dem konkreten Falle doppelt ungerechtfertigt, da den Herren vom Archivio Trentino sehr wol bekannt war, dass das Innsbrucker Landes-Museum eine Publication des Fundes von Civezzano, mit nach den restaurierten Originalen ausgeführten Abbildungen versehen, für das nächste Heft seiner Zeitschrift vorbereite. Auf eine detailierte Widerlegung aller von H. Campi vorgebrachten lrrthümer glaube ich verzichten 'zu dürfen. 7 für unerlässlich, den Holz-Sarg in der Gestalt und den Dimensionen des zerstörten Originales zu reconstraieren, und auf demselben die einzelnen Fragmente des Beschläges an einanderzupassen. Unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände ergab sich nach langen und mühevollen Versuchen die auf Tafel 1. dargestellte Reconstruction man kann sagen Die sicherste Gegenmit mathematischer nッエィキ・ョ、ゥァセN@ probe für die Richtigkeit derselben ist mir die Thatsache, dass einerseits jedes, auch das kleinste Bruchstück seinen genau passenden Platz fand, und dass andererseits das Beschläge sich - von ein paar ganz unwesentlichen Defecten abgesehen - als vollständig erhalten herausstellte. Nun steht der mächtige Sarg aus braunrotbem Lärchenholz, angethan mit seinem reichen sinnvollen Eisen-Schmuck, in der Mitte unseres archäologischen Saales, und macht auf den Beschauer einen bedeutenden und - trotz der schweren Formen - nicht unharmonischen Eindruck. Der Sarg besitzt sarkophag-ähnliche Gestalt. Der Deckel ist dachförmig und nicht abhebbar, sondern in 3 an der einen Langseite befestigten Charnierbändern (Fig. 1) bewegtiig. 1. lieh. Die Dimensionen sind folgende: Länge = 2'36 Meter; Breite am obern Ende = 80 em· am unteren = 78 em ; First-Höhe = 80 em , äussere Kanten-Höhe = 58 em ; Höhe der Kiste = 51 em. Die Dicke der Bretter betrug, wie sich aus den umgeschlagenen starken Nägeln erkennen lässt, 4'5 em. Aus der bedeutenden Länge des Sarges darf selbstverständlich nicht auf eine ungewöhnliche Grösse des beigesetzten Todten geschlossen werden, sondern sie war bedingt durch die Länge von Speer und Bogen; die Breite des Sarges war durch die Grösse des Schildes gegeben. Die beiden Lallgseiten der Sarg-Kiste sind an der oberen und unteren Kante lllit Eisenschienen beschlagen, welche in 8 unregelmässigen Zwischenräumen schneckenartige Ansätze zeigen. Die Breite dieser Schienen beträgt 4 cm , die Dicke 3-5 mm. Auf den Längs-Schienen stehen senkrecht 3 nach beiden Seiten verästelte Quer-Beschläge, je eines an den Seitenkanten und eines in der Mitte der Langwand. Alle 3 sind unter dem Boden des Sarges durchgezogen, und umfassen so die Kiste von drei Seiten. An den Seitenkanten greifen die Längs-Schienen mit ihren Verästelungen über die Bretterköpfe weg klammer artig auf die Schmalseite der Kiste über. Die eine Seitenwand ist mit einem flachen einfachen Kreuze, die andere (auf Tafel I. nicht sichtbare) mit einem doppelarmigen Kreuze geschmückt. (Fig. 2.) Die Arme dieser Kreuze, sowie die Fig. 2. Verästelungen der Quer-Beschläge, sind an den Enden gespalten und nach beiden Seiten schneckenförmig eingerollt 1). In der Mitte der beiden Felder, in welche die Langseiten durch die mittlere Quer-Spange getheilt werden, ist je ein massiver eiserner Ring befestiget. Offenbar zunächst bestimmt, den schweren Holzsarg leichter transportabel zu machen, dienen diese Ringe gleichzeitig auch zur Dekorierung der Felder. In ganz ähnlicher Weise wie an der Sarg-Kiste ist das Beschläge auch auf dem Deckel angebracht. Auch hier sehen wir eine Hauptschiene an den Längskanten, und 3 QuerBeschläge (die letzteren sind winkelartig über den First gelegt). Dazu kommen hier aber noch weitere reiche DekoI) Aehnliche Kreuzformen mit Hacken-Ansätzen an den Ecken begegnen besonders häufig auf langobardischen Sarkophagen, Altären etc. Vergl. u. A. Gar u c ci: 1> Storia della arte Cristiana ", Vol. V. Tafel 392, VI. Tafel 424, und Ei tel b erg er: 1> Cividale in Friaul und seine Monumente", Jahrbuch der k. k. Central-Commission in Wien, U. 1857. 9 rationsstücke. Ueber 'den First des Deckels laufen zwei spiralig gewundene Stäbe 1), welche an den beiden Enden in Hirschköpfe mit gedrehtem Hals und Gehörn übergehen. An den vier Ecken des Sargdeckels prangen Widderköpfe mit stark gewundenen Hörnern und ebenfalls gedrehtem Halse. In der Mitte des Firstes ist auf dünnen gespreizten Stäbchen ein Gabel-Kreuz als Reiter aufgesetzt; die Stäbchen sind ebenfalls gedreht, und an den Enden bei den Nagellöchern mit den charakteristischen Schneckenansätzen versehen. (Fig. 3.) Fig.3. Zwischen den Hirschköpfen und dem Gabel-Kreuz halten je zwei, ganz gleich wie die eben erwähnten Stäbchen behandelte Spangen die beidell First-Stäbe auf den Sargdeckel nieder. Neben diesem praktischen Zweck haben die Spangen noch die dekorative Bedeutung, die Dach-Fläche zu beleben, und auss81'dem sollen sie, wie es scheint, auch die Extremitäten der Hirsche markieren. So geht überall das Streben durch, das technisoh Nothwendige in Schmuck zu verwandeln, das Zweck]⦅NセGゥャ。M mässige künstlerisch schön zu gestalten. Das ganze Beschläge ist einfache Schmiedearbeit, aber in sinnreicher Weise und nicht ohne Geschmack ausgeführt. Das Eisen 1) Zwei gedrehte parallel laufende dünne Stäbe erscheinen u. A. auch als Ornament an dem Altar des Langobarden-Herzogs Pemmo in Cividale. cf. Gar u c eil. c. VI. Tafel 424. 10 ist sehr hart und zugleich ausserordentlich zähe. Trotzdem in Folge der starken Oxydation nur ein dünner Kern von metallischem Eisen erhalten ist, liessen sich die verkrümmten und geknickten Schienen ohne Schwierigkeit zurechtbiegen; andererseits wurde beim Entfernen der fest gerosteten Nagelreste der harte Stahlbohrer schon nach wenigen Umdrehungen stumpf. Die schneckenartigen Ansätze an den Längs-Schienen, sowie die seitlichen Verzweigungen der Quer-Beschläge sind aus den ursprünglich parallel-seitigen Schienen herausgehauen und mit dem Hammer umgeschmiedet. Die Schienen wurden offenbar heiss auf das Holz gelegt, über die Kanten geschlagen, und mit Nägeln befestiget. Die Nägel haben verschiedene Stärke und differieren auch in der Kopf--Form. Die 6 Längs-Sohienen sind an den umgebogenen Enden, und die Hirschköpfe dort, wo die beiden gedrehten Stäbe ansetzen, mit sehr derben Nägeln, deren Köpfe flach und sechsseitig sind, befestiget. Im Uebrigen haben die Nägel hohe vierseitig pyramidale Köpfe, bei den Hauptschienen grllssere, bei den seitlichen Verästelungen der Schienen und den DeckelSpangen etwas kleinere. Fig.4. Fig.5. Die Thierköpfe sind aus gebogenen Eisenstäben gefertiget. Bei den Widdern (Fig. 4 u. [») ist der untere Theil, mit dern 11 sie auf dem Sarg-Deckel aufruhen, in flache Schienen ausgehämmert. Die Hörner sind angeschweisst, ebenso bei den Hirschen (Fig. 6) die beiden gedrehten über den First laufenden Stäbe. Trotz der sehr schematischen und nur anFig. 6. deutenden Behandlung kann man die Thiere doch leicht erkennen; namentlich sind die Schnauzen der Hirsche und Widder ungemein charakteristisch gearbeitet. (Vergl. Figur 4, p und 6). 12 Es ist nicht meine Aufgabe, den mythologischen Beziehungen dieser Thiergestalten nachzugehen. Ich überlasse ihre Deutung den Fachmännern auf dem Gebiete der germanischen Götterlehre. Nur das mag betont werden, dass heidnische Symbole und christliche Embleme auf unserem contrastierender Weise mit einander verSarge in ウ・ャエセ。ュ@ mengt sind. Der Sarg trägt den Stempel einer Zeit, in welcher das erst vor Kurzem recipierte Christenthum den alten Götterglauben und die tief wurzelnden heidnischen Vorstellungen noch nicht zu verdrängen vermocht hatte. Die beiden durch zwei gedrehte Eisenstäbe mit einander verbundenen Hirschköpfe auf dem First des Sargdeckels haben ein merkwürdiges Analogon in den phantastischen Tbierleibern auf den Deckeln der Todtenbäume, welche im Jahre 1846 bei Oberfiacht in Würtenberg gefunden wurden. Wo 1 fgang Menzel, der im Vereine mit Hauptmann v. Dürr ich dieses hochinteressante Grabfeld ausbeutete, beschreibt dieselben folgendermassen 1): "Die meisten der Särge waren sogenannte Todten bäume von Eicben-, einige wenige auch von Birnbaumholz . . . . Auf dem Deckel der meisten Särge, welche Männer enthielten, sind zwei Schlangen in erhabener Arbeit ausgehauen, so dass ihre gezahnten Leiber auf dem Rücken des Sarges zusammenlaufen, ihre Köpfe aber an beiden Enden des Deckels hervorstehen und als Handheben dienen. An den besser erhaltenen Schlangenköpfen sind vorn im Maule, zu beiden Seiten desselben, zwei Zähne, an den dicken Köpfen aber zwei Hörner oder Ohren angebracht; wo diese fehlen, sehen die leeren Löcher wie Augen aus. i) "Die Heidengräber am Lupfen bei Oberßacht. Aus Auftrag des württembergischen Alterthumsvereins geöffnet und beschrieben von d. k. w. Hauptmann v. D ü r r ich und Dr. Wo I f ga n g Me n z e 1. « S tut t gar t 1847. p. 6. f. Vergleiche auch die Abbildungen im 3. Jahreshefte des württembergischen Alterthumsvereines. Stuttgart 1846, Tafel VIII-X. 13 Auf den Särgen, worin Weiber lagen, fehlen diese Schlangen gänzlich, einen ausgenommen." L. Li n den s c h mit hält dagegen diese Thiere nicht für Schlangen, sondern denkt an den Eber des Fro, und sieht in den Einkerbungen auf dem Rücken der Thiere die Borsten des Ebers 1). Der Gebrauch von Holzsärgen mit Eisenb es c h läge n bei den Ge rmane n ist mehrfach nachgewiesen. In einem solchen war z. B. der Frankenkönig Childerich 1., dessen Grab 1653 bei Tournay im Hennegau aufgefunden wurde, beigesetzt 2). In den fränkischen Gräbern von Envermeu und den angelsächsischen von Little-Wilbraham (Cambridgesbire) und Kingston Down sind wiederholt Reste von Holzsärgen mit eisernen .Bändern, Eckbeschlägen und Winkelhacken zu Tage gekommen 3). A.uch bei den Langobarden ist der Gebrauch von eisenbeschlagenen Särgen beglaubigt. Im vorigen Jabrbundert sind in Cividale in den unterirdischen Grabkammern der Kirche S. Maria in Valle Holzsärge mit Eisenbeschlägen gefunden worden. Einer derselben entbielt u. A.. ein Kreuz aus Goldblech mit eingepressten Ornamenten; ein Sohn des Langobarden-Herzogs I) L. Li nd e n s eh mit: ;0 Handbuch der deutschen Alterthumskunde etc. I. Theil, die Alterthümer der merovingischen Zeit". Braunschweig 1880 fl'. p. 123 f. 2) »Effossa multa ferramenta vetustate exesa et consumpta propter loci non nihil humecti vitium . . .. Ligneum igitur Childerici conditorium fuise oportet atque obductum ferro, cujus repertae sunt reliquiae, ligno sic adherentes ut alterum ab altero non posset separari«. I. C h iflet »Anastasis Childerici I. Francorum regis etc.« Antverpiae 1655, p. 38 u. 80. - M. I' ab b e Co c h e t ,. Le tombeau de Childeric I., roi des Francs. c Paris 1855, p. 35. Cochet glaubte in einem mit NagelLöchern versehenen Eisenstücke aus dem Grabe Childerich's, das Chiflet für ein Hufeisen gehalten hatte, einen Rest des Sarg-Beschläges zu erkennen. Dasselbe ist, wie schon Lindenschmit vermuthete (Handbuch p. 295), am ehesten ein Randstück des sonst vermissten Schildbuckels. S) Co c he t 1. c. p. 40 f., und Li nd e n s c h mit, Handbuch p. 120. 14 Ratchis soll dort begraben gewesen sein 1). Diese langobardischen Särge sind verschollen; von den Beschlägen der fränkischen und angelsächsischen Särge haben wir nur dürftige, formlose Fragmente. In dem Grabfunde von Civezzano hat uns nun ein günstiger Zufall nicht nur ein vollständiges, sondern auch ein reich und überaus interessant ornamentiertes Sargbeschläge erhalten 2). Das Sargbeschläge von Civezzano ist ein Unicum, eine archäologische Cimelie ersten Range s, ein e neu e Q u eIl e für die K e n n t n i s des ge rman i s c he n Alt e r t h ums. 2. Die Waffen. Der reichen Ausstattung des Sarges ・ョエセーイゥ」ィ@ auch der Inhalt desselben, die Ausrüstung und Kleidung des beigesetzten Kriegers. Von Waffen fanden sich darin die metallischen Theile von Langschwert und Skramasax, 3 Pfeilen, Speer und Schild. Das z w eis c h n eid i geL an g s c h wer t, s p a t h a (Tafel 11. Figur 4) ist 90 cm lang und 6cm breit. Die Länge der Griffzunge beträgt 12·5 cm . Von dem Griffe ist Nichts erhalten, als ein kleines Niet-Blättchen aus Bronze (Tafel II Fig. 5.). Von einem Metall-Knopfe oder einer Griff-Platte, wie sie sonst bei den germanischen Schwertern meist vorkommen, liegt absolut Nichts vor. Der Griff bestand also I) A. Arboit: »La tomba di Gisolfo etc.« Udine 1874, p. 15 f. 2) Herr K. Atz veröffentlichte in seiner (noch im Erscheinen begriffenen) "Kunstgeschichte von Tirol und Vorarlberg« p. 63 einen Reconstructionsversuch unseres Sarges, sowie eine Abbildung des Goldkreuzes, und gab auch in den »Mittheilungen der k. k. Central-Commission in Wien 1885 CXVII. eine kurze Notiz über den Grabfund von Civezzano. Sowol Zeichnungen ,als Beschreibung lassen es geboten erscheinen, die Identität der von Herrn Atz besprochenen Fundobjecte mit den unseren ausdrücklich zu constatieren. 15 wol sammt Knopf und Bügel aus Bein, resp. Elfenbein, ähnlich wie bei dem Langschwerte im Regensburger Museum, welches Lindenschmit in seinem Handbuch p. 226, Figur 126 abbildet, oder wie der römische Schwertgriff aus Mainz bei Lindenschmit "die Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit," Bd. II. Heft 4, 3. Die Schwert-Scheide war aus Holz gefertiget, von dem noch Spuren auf der Klinge festgerostet erhalten sind. Das Mundstück der Scheide besteht aus einern Bronzeblech-Streifen, in welchen ein einfaohes Zopf-Ornament mit parallel laufender Randverzierung eingraviert ist. (Tafel H. Fig. 3). Das ein s c h n eid i g e Kur z s c h wer t oder S k r am a sax (die semispatha der alten Autoren) ist 38cm lang und 4'5 cm breit. Bei idealer Ergänzung der abgebrochenen Spitze würde sich indessen eine Gesammt-Länge von gegen 50 cm ergeben. Die Länge der Griffzunge, welcher reichliche Holzreste anhaften, ist 16cm. Dicht neben dem 6-7 mm breiten Rücken der Klinge läuft eine schmale Rinne, beiderseits begleitet von einer linearen Furche. Zwischen Griff und Klinge ist eine ovale eiserne Platte eingeschaltet, welche auf beiden Seiten etwa 1cm vorspringt, Der Skramasax war durch die Schwere der breitrückigen einschneidigen Klinge und die Länge des Griffes zu wllchtigem Hieb besonders geeignet, und erinnert einigermassen an unser Faschinen-Messer. Er ist eine typisch germanische Waffe von sehr alterthümlichem Charakter und kommt in den Gräbern viel häufiger vor, als das zweischneidige Langschwert 1). Die 3 P feil - S p i t zen (Tafel II. Fig. 6 u. 7) sind ungleich lang. Die längste misst (ohne Dorn) 4'5, die kürzeste 3·5cm. Sie sind dreilappig, und gehören jenem in den germanischen Gräbern sehr selten vertretenen Pfeil- Typus an, bei dem die Spitzen mitte1st eines Dorns in den Schaft eingesteckt wurden, so dass beim Herausziehen des Pfeiles I) Li n den s c h mit, Handbuch p. 209 ff. 16 aus der Wunde die leicht ablösbare Spitze in derselben zurückblieb 1). Dieser Zweck wurde bei zweien unserer Pfeilspitzen noch dadurch gefördert, dass die Schneiden der 3 Lappen ge fl am m t sind (Tafel II. 6), eine Eigenthümlichkeit, welche bis jetzt, so weit ich sehe, in germanischen Gräbern sonst nirgends nachgewiesen ist. Sowol von den Pfeil-Schäften, als auch von Bogen und Köcher ist keine Spur mehr vorhanden - wie übrigens bei fast allen Grabfunden. N ur in sehr seltenen Fällen unter besonders günstigen Terrain-Verhältnissen sind diese Ausrüstungs-Gegenstände erhalten geblieben, wie in den bereits erwähnten Gräbern arn Lupfen bei Oberflacht und in den Moorgräbern von Schleswig. Die Pfeilstäbe hatten da die beträchtliche Länge von 2-3'5 Fuss, die Bogen massen 7 Fass und darüber 2). Auch von dem Speer oder der Wurflanze ist der Schaft vollständig zerstört, und nur die Klinge erhalten. (Tafel H. Figur 8). Dieselbe ist blattförmig mit starker Mittelrippe. Die Gesammtlänge beträgt 27'5 cm , die Länge des Blattes 16cm , und dessen grösste Breite 5 cm • Das SpeerEisen ist mit einer geschlossenen Tülle versehen, welche über den Schaft geschoben, und mitte1st eines quer durchlaufenden Nagels (der erhalten ist) befestiget wurde. J) Li n den sc h mit kennt (Handbuch p. 153) nur vier solche Pfeilspitzen aus germanischen Gräbern. Dreilappige Pfeilspitzen ohne Widerhacken erwähnt E. v. S ac k e n aus den Reihengräbern von Brunn am Steinfeld (. Ueber Ansiedlungen und Funde aus heidnischer Zeit in Niederösterreich «. Sitzungsber. u. k. Akademie d. W. in Wien 1873, p. 621.); ähnliche wurden auch bei Keszthely in Ungarn gefunden (L i pp, die Gräberfelder von Keszthely, deutsche Ausgabe. Buda-Pest. 1885 p. 31). 2) Vergl. W. Menzel 1. c. p. 8 ff. u. Lindenschmit, Handbuch p. 151 ff. Die Bogen waren meist aus Eibenholz gefertiget; solche aus Eisen, resp. Stahl fanden sich in dem grossen Grabfelde von Testona bei Turin (C. e d E. Ca I a n d ra: Di una necropoli barbarica scoperta a Testona. - Atti d. Soc. di Archeologia e belle arti per la provincia di Torino. Vol. IV. 1883, p. 34). 17 Von besonderer Schönheit ist das Sc h i I d - B e sc h 1ä ge, das aus dem Schildbuckel , der Griff- Spange und 4 flachen Zierknöpfen besteht. Der eiserne Schi 1d b u c k el, umbo, (Tafel JI. 1a) ist hochgewölbt 1) und zeigt in seinem unteren Theile eine ringsumlaufende Hohlkehle. Die Kuppe ist mit einem reich ornamentierten Kreuz-Beschläge aus vergoldeter Bronze (Tafel H. Fig. 1b) geschmüokt. Der Befestigungsrand ladet weit aus und trägt [) flache ebenfalls vergoldete Knöpfe aus Erz (Tafel II. 1c.), mitteIst welcher der Buckel auf dem Schilde fixiert war. Die äussere Schild wand war noch durch 4 weitere vergoldete Knöpfe geschmückt. Eine derartige be S 0 n der e Dekoration der äusseren Schildfläche kommt übrigens nm ganz ausnahmsweise vor. Die G riff - S pan ge (Tafel Ir. 1d), welche durch zwei mit den übrigen genau übereinstimmende Bronze-Knöpfe an der Innenseite des Schildes befestiget war, lässt in ihrer leisen Biegung die flache Schild-Wölbung deutlich erkennen. Die lang auslaufenden Spangen hatten nicht bloss den Zweck, den Griff festzuhalten, sondern dienten, quer über die Holzfasern tretend, ohne Zweifel auch zur Festigung und Verstärkung des Schildes 2). Die Ornamente sind sowol auf dem Kreuz-Beschläge, als auf den Knöpfen mit Punzen eingeschlagen 3). Sehr interessant nnd bemerkenswert ist es, dass ganz genau über1) Die Höhe beträgt lOem, der Durchmesser am flachen Rande ZIem. 2) Vergl. A. Es sen w ein »Waffen aus dem 4. bis 9. Jahrhundert« (Mittheilungeu aus dem germanischen National-Museum 1885, XIV. p. 109 ff. 3) Die Zeichnung des Kreuzbeschläges auf Tafel H. ist insoferne nicht ganz genau, als man nach derselben glauben könnte, dass auf den Flügeln zwischen den Dreieck-Reihen er hab e n e Perlen sich befinden, .wänrend es ebenfalls mit Punzen geschlagene centrierte Kreise sind. Z 18 einstimmende Zierknöpfe aus vergoldeter Bronze mit denselben Punkt- und geperlten Dreiecks - Ornamenten auch auf einem langobardischen Schildbuckel aus Monza vorkommen 1). Bei der Vollständigkeit der Angriffs-Waffen 2) und der schönen Ausstattung des Schildes mag es wundernehmen, dass Hel m und Pan ze I' in unserem Fürstengrabe fehlen. Beide Arten von Schutzwaffen waren bei den Germanen allerdings nicht allgemein üblich, aber es steht andererseits unzweifelhaft fest, dass sie bei allen deutschen Stämmen von den Königen und den Vornehmen getragen wurden. Speciell bei den Langobarden ist der Gebrauch von Helm und Panzer von Seite der V ornehmen wiederholt ausdrücklich bezeugt 3). 1) Derselbe ist publiciert von A. Es sen w ein 1. c. p. 108 und von Lindenschmit, Alterthümer Bd. IV. Tafel 17,3. 2) Unter den Angriffswaffen vermissen wir nur die S t re i t - Axt, resp. das Wurfbeil. Allein diese Waffe scheint bei den Langobarden (trotz der bekannten Erzählung von Authari's Brautfahrt) wenig üblich gewesen zu sein. Sie fehlt z. B. auch in dem Grabe des Herzogs Gisulf von Friaul. sowie in dem eben erwähnten langobardischen Grabe von Monza etc. und in dem Grabfelde von Testona. auf welchem gegen 400 Gräber aufgedeckt wurden, fanden sich nur z w e i Aexte. (0 a la n d r a, 1. c. p. 28 und Tafel H. Fig. 16 und 17). 3) Pa u I u s Dia c 0 nu s (Bist. Langob. V. 40) zählt unter den Rüstungsgegenständen des Königs Ounincpert auf: .Ioricam suam, galeam atque ocreas et cetera arma. C Vergl. auch IV. 51, V. 23, VI. 38. und G r ego r von T 0 urs, Bist. Franc. X. 3. Auch in jener Stelle des Gesetzbuches König Aistulf's, in der die Art der Bewaffnung nach den Besitzverhältnissen geregelt wird, erscheint der Gebrauch des Panzers als ein Vorrecht der Vornehmen. :0 Et stetit, ut ille homo, qui ha bet septem casas massarias, habeat loricam suam cum reliqua conciatura sua, debeat habere et cavallos; et si super habuerit per isto numero, debeat habere caballos et reliqua armatura. Itern placuit, ut illi homines, qui non habent casas massarias et habent quadraginta iugis terrae, habeant cavallurn et scutum et lanceam: item de minoribus hominibus principi placuit, ut si possunt habere scutum, habeant coccora cum sagittas et arCUID. - !tern de iBis horninibus, qui negotiantes sunt et peculiurn non habent: qui sunt maiores et potentes, habeant 10- 19 Es wäre indessen völlig ungerechtfertigt, weuu man wegen des Fehlens von Helm und Panzer in unserem Grabe die vornehme Stellung des in demselben beigesetzten Kriegers in Zweifel ziehen wollte. Denn es ist eine eigenthümliche Thatsache, "dass bis jetzt aus den vielen Tausenden von Gräbern dieser ( der merovingischen) Zeit, welche in Deutschland und Frankreich aufgefunden sind, noch nicht ein Helm, oder auch nur das Metallbeschläge einer Kopfbedeckung zu Tage gekommen ist" 1), und dass auch von Panzern und Beinschienen in germanischen Gräbern bis dato keine Spur nachgewiesen werden konnte. Sie fehlen auch in ganz unzweifelhaften Fürstengräbern, wie in dem Grabe des Franken-Königs Childerich 1., 'in dem des LangobardenHerzogs Gisulf von Friaul etc. Wir können zur Erklärung dieser auffallenden Thatsache nur zwei Momente anführen. Einerseits waren diese Schutzwaffen häufig aus leicht durch Fäulniss zerstörbal'en Stoffen, wie Leder, Horn etc. gefertiget. Der Gebrauch von ledernen und filzenen, mit Hornplatten bedeckten Helmhauben, sowie von Panzerhemden aus geflochtenen Lederstreifen, und von Schuppenpanzern aus Horn bei den Germanen ist sicher beglaubigt 2). Andererseits und ich möchte darauf besonderes Gewicht legen - scheinen Helm und Panzer ans Metall dem Todten gar nicht ins Grab mitricam et cavallos, seutum et lanceam; qui sunt sequentes, habeant caballos, scutum et lanceam; et qui sunt mi no res, habeant eoccoras eum ᆱ@ (Fontes juris Italici medi i aevi, ed. G. Pa d e lsagittas et セイ・オュN let t i, Turin 1877, p. 296). 1) Lindenseh mit, Handbuch p. 251. 2) Li n den s c h mit, Handbuch p. 256 u. 262 ff. Das Einzige was ußs von germanischen Helmen erhalten ist, sind die Metall-Spangen von ledernen oder filzenen mit schmalen Hornplatten bekleideten Helmhauben aus zwei angelsächsischen Gräbern, welche R 0 ach Sm i t h (Collectanea antiqua II. p. 3i ff.) veröffentlicht hat. Vergl. auch Li n den sc h mit, Alterthümer III. 10, 5, und Handbuch p. 256 f. 2* 20 gegeben worden zu sein, sondern sie wurden als kostbare Rüstungsgegenstände und wol auch mit symbolischer Bedeutung auf den nächsten Schwertmag vererbt. So bestimmt das thüringische Volksrecht Lex Angliorum et Werinorum (De alodibus 6): "A d q u e m c unq u ehe red i ta s te r r a e pervenerit, ad illum vestis be11ica, id est lorica, et ultio proximi et solutio leudis d e b e t per tin e I' e" 1). Es scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen, dass das " Heergewäte" der mittelalterlichen Rechtsbücher auf früh-germanischen Brauch zurückgeht, und ursprünglich sich nur auf das Kriegs-Gewand, die vestis bellica (wozu man wahrscheinlich auch den Helm rechnete), bezog, wie das ja auch der Ausdruck "Heergewäte " (von ahd. giwati, wat = vestis) andeutet. Später wurde dann freilich der alte Sinn dieses Rechtsgebrauches immer mehr verdunkelt und entstellt, u d das "Heergewäte" auf Dinge ausgedehnt, die mit dem wahren und ursprüllglichen Wesen desselben Nichts mehr gemein hatten 3). 3. S c h n alle nun d R i e m e n b e s chI ä g e. Von Gü I' t e 1- S c h n all e n liegen zwei mit dreieckigen Beschläge-Platten versehene Exemplare aus Eisen vor (Tafel IV. Figur 6 und 8). Eine davon ist in geknickter Lage festgerostet. Wegen der sehr starken Oxydation ist mit Ausnahme der runden Nagel-Köpfe keine Ornamentiernng wahrnehmbar. Bei beiden fehlt das Gegenbeschläge. Die einfache Bügelschnalle aus starkem Eisendraht mit freibewegI) Ausgabe von J. Me r k e 1, Berlin 1851, p. 8. - Nach Li n d e nsc h mit, Handbuch p. 265 soll auch eine Verordnung Karls d. Grossen die Bestimmung entbalten, dass die )} Brünne « (brunea Brustharnisch) an den nächsten Erben übergebe. Ich konnte diese Verordnung leider nicht auffinden. 2) Vergl. über das )} Heergewäte« u. A. J. G r im m t Deutsche Rechtsaltertbümer 2. Ausg. p. 569; S tob b e, Handbuch des deutschen Privatrechts Bd. V, p. 131, und Heus 1 er, Institutionen des deutschen Privatrechtes Bd. 11. p. 617. = 21 lichem Dorn (Tafel IV. Figur 8) dürfte vielleicht zum TragRiemen des Schildes gehört haben; die Seitenlänge derselben beträgt 6'5 cm. Als Beschläge-Platte einer Schnalle werden wir wahrscheinlich auch das Zierstück aus Bronze (Tafel IH. Figur 5) aufzufassen haben. Dasselbe ist auf der Vorderseite verzinnt und mit einem eingravierten Ornament versehen, das ein stylisiertes Alpha und Omega darstellt, ein in der frühgermanischen Kunst häufig verwendetes christliches Symbol. Auf der Rückseite ist die Platte mit drei Haften zum Befestigen auf dem Leder versehen. An dem oberen Rande der Platte findet sich ein Einschnitt; der an demselben in grosser Menge haftende Eisenrost scheint von dem Bügel und Dorn der Schnalle herzurühren. Sehr schön sind die beiden eisernen R i e m e n z u n ge n mit z i e rl ich e r Tau s chi e r - A r bei t (Tafel III. Figur 2 und 3), von denen die grössere leider stark gelitten hat. Die Platten waren auf dem Leder festgenietet ; Spuren der Nägel haben sich bei beiden erhalten. Die Fäden und Punkte der Tauschierung sind abwechselnd aus Silber und einer goldähnlichen Kupfer-Legierung 1). Bei den germanischen Tauschierarbeiten wurde überhaupt neben Silber fast ausschliesslich Messing oder eine ähnliche Kupferlegierung, manchmal wol auch vergoldetes Kupfer verwendet 2). Die beiden vorliegen1) Professor L. P fa und I er, dem ich überhaupt für seine werke, thätige Unterstützung bei der Reinigungs- und Conservierungsarbeit zu grossem Danke verpflichtet bin, hat das Metall dieser Tauschierfäden in folgender Weise bestimmt: »Das untersuchte Stück enthält neben den Silberfäden noch solche eines dem Golde täuschend ähnlichen Metalles. Ein kleiner Splitter des letzteren löste sich jedoch bei Behandlung mit Salpetersäure カッャウエ¦ョ、ゥセ@ auf und die hellblaue Lösung gab auf Zusatz von Ammoniak. die bekannte azurblaue Färbung, welche das Vorhandensein von Kupfer beweist. Das fragliche goldgelbe Metall ist demnach nicht Gold, sondern eine dem Messing ähnliche oder damit übereinstimmende Legierung. セ@ 2) Vergl. darüber u. A. L i n den s c h mit, Alterthümer II. 8. 6. Ill. 7. 6, und A. Es sen w ein »Karolingische Goldschmiede-Arbeiten «, Mittheilungen aus dem germanischen Museum. 1885, XVIII. 22 den tauschierten Riemenzungen bildeten sehr wahrscheinlich eine Dekoration des Wehrgehänges. Die Zugehörigkeit zn den langen bis unter die Kniee reichenden s」ィョイセrゥ・ュL@ bei denen ähnliche Beschläge sonst auch vorkommen 1), ist wol schon durch die ungleiche Grösse der beiden Stücke, der einzigen dieser- Art, die in dem Grabe gefunden wurden, ausg8schlossen. Was endlich die zwei vi e r sei ti gen p y ra mi da I e n B r 0 n z e - K n ö p fe mit einer Querstange an der Hohlseite (Tafel IV. Figur 3) anlangt, so scheint es mir keinem Zweifel zu unterliegen, dass dieselben ebenfalls zu dem Wehrgehänge gehörten, und speciell zu den beiden Schwertern in bestimmter Beziehung stehen. Auch in dem zuerst geöffneten Grabe wurde ein solcher Knopf mit einer spatha zusammen gefunden. Nach meiner Ansicht waren diese Knöpfe mitte1st einer starken Schlinge am Gürtel befestiget, und zum Einhängen der mit einem Bandnestei oder einem geschlitzten Riemen versehenen Schw'ert-Scheide bestimmt. Durch diese Einrichtung war der Krieger im Stande, das Schwert abzulegen, ohne den Gürtel lösen zu müssen 2). 4. GoI d ver z i e run gen des Ge w a n des. Das wertvollste Stück von allen Grab - Beigaben ist unstreitig das grosse reich ornamentierte GoI d . K l' e u z, welches auf der Brust des beigesetzten Helden lag (Tafel UI. Figur 1). Dasselbe ist aus einem Goldblech-Blatte geschnitten. Die Balken des Kreuzes sind nahezu gleich lang (14: 15 cm), die Breite beträgt 1'7 cm. Die äusserst zierlichen Ornamente sind mitteist Stempel eingepresst. Das kreisrunde MittelMedaillon enthält, von einem Perlkranz umgeben, einen. (heraldisch) nach rechts schauenden Adler mit ausgebreiteten 1) Li n den s c h mit, Handbuch p. 344 f. 2) Ueber derartige pyramidale Knöpfe vergl. Li n den s c h mit, Alterthümer Ir. 12. 5. und Handbuch p. 380. den Zweck dieser Knöpfe offen. L. lässt die Frage über 23 Flügeln. Die Balken schmückt ein vierfach verschlungenes geperltes Band-Ornament, das zu beiden Seiten von einer quergerippten Randleiste begränzt ist; man kann deutlich erkennen, dass zwei verschiedene Präge-Stempel zur Anwendung kamen. An den 8 Ecken zeigt das Kreuz feine Löcher, mittelst welcher dasselbe offenbar an dem Gewande festgenäht wurde. Das Kreuz hat ganz besondere Wichtigkeit für die ethnographische Bestimmung des Fundes. Die s e Art von Blattgold-Kreuzen ist nämlich geradezu typisch für lango bardische Gra bfunde. Sie kamen in zahlreichen unzweifelhaft langobardischen Gräbern zum Vorschein, namentlich in der IJombardei und in Friaul, aber auch in anderen Theilen von Italien, in Toscana, bei Benevent u. s. w. 1) 1) P. 0 rs i verzeichnet in seinem interessanten Aufsatze :0 Monumenti cristiani nel Trentino anteriori al Mille« (Archivio Stor. per Trieste, L' Istria e i1 Trentino H. p. 148) eine grössere Anzahl derartiger Goldkreuze: ans Trient, Cividale, CelIore d' Il1asi (2 Stück), Testona (4 St.), Piacenza (mehrere Exemplare), Bolsena und Chiusi. Diese Liste ist indessen lange nicht erschöpfend. Ich füge (ohne übrigens selbst auf Vollständigkeit Anspruch erheben zu wollen) noch einige Daten hinzu. Aehnliche Kreuze befinden sich in den Museen zu Mailand und Florenz (Bargello). Ein weiteres in Cividale gefundenes Kreuz hat Eitelberger in den Mittheilungen der k. k. Central-Commission 1859 publiciert j eines aus dem bereits erwähnten Langobarden-Grabe von Monza ist abgebildet in den Mittheilungen aus dem germanischen Museum 1885, XIV p. 110. Nicht weniger als 12 Goldblatt-Kreuze aus Novara, MODza, Cividale, Lodi vecchio, Varese, Benevent etc. enthielt die Sammlung Mo r bio (vergl. "Katalog der Kunst-Sammlung des im Jahre 1881 in Mailand verstorbenen Cav. Carlo Morbio, Abtheilung I. und H.« München, 1883 p. 57 ff.); dieselben befinden sich, so viel ich erfahren konnte, noch im Besitze des Herrn Ackermann in München. Ein vor Kurzem bei Lavis in Südtirol gefundenes Gold-Kreuz ist bei Ca m pi, Le tombe barhariche etc. p. 27 abgebildet; dort wird auch (p. 17) eines aus Sezzago di Novara stammenden Kreuzes Erwähnung gethan. - Kommen demnach solche Blattgold-Kreuze in Italien, besonders in Oberitalien häufig vor, so sind anderer&eits analoge Funde aus fri:\.nkischen und alemannischen Gräbern in 24 Diese Gold-Kreuze variieren ziemlich stark sowol nach der Grösse, als auch in der künstlerischen Behandlung. Einige sind einfach aus glattem Goldblech ausgeschnitten. Andere sind mehr oder weniger reich mit eingepressten Ornamenten geschmückt, wobei das geperlte Flechten-Ornament am häufigsten auftritt. Einzelne reicher ausgestattete Exemplare zeigen figurale Decoration, Thiere, Menschen-Köpfe, manchmal auch Abdrücke von Münzen eic. Das Brust-Kreuz des Langobarden-Herzogs Gisulf von Friaul, dessen Grab vor einigen Jahren in Cividale gefunden wurde, ist sogar mit Edelsteinen besetzt 1). Nimmt auch dieses letztere in Bezug auf Kostbarkeit der Dekoration die erste Stelle ein, so übe rtrifft an Grösse und Metallwert das Kreuz von Ci v e z z a no w ei t alle üb ri gen 2). Die ursprüngliche Bedeutung der Blattgold-Kreuze ist nicht ganz klar. Es wurde die Vermuthung aufgestellt, dass dieselben als Rangabzeichen fungierten. Ich möchte für wahrscheinlicher halten, dass sie als Auszeichnungen und EhrenGeschenke von Königen verliehen wurden; dafür dürfte auch der Umstand sprechen, dass mehrere derselben das Monogramm langobardischer Könige tragen 3). Es ist von vorne herein wahrscheinlich, dass das Gewand unseres Helden, das auf der Brust mit einem so ungewöhnlich prächtigen Kreuze geschmückt erscheint, auch sonst reich und kostbar ausgestattet war. In der That fanden sich in Deutschland ausserordentlich selten, und diese wenigen haben überdies einen wesentlich anderen Typus. Li n den s c h mit verzeichnet (Alterthümer IV. Tafel 10) zwei Stücke aus dem Museum in Augsburg; ausserdem (lU. 5. 6.) eine Zierplatte und (lU. 8. 6. und Handbuch Tafel XXII.) zwei Aufsätze von scheibenförmigen Fibeln aus Gold, welche möglicherweise hieher gehören. 1) Arboit 1. c. p. 11 und 18. 2) Das Gewicht des Kreuzes, das aus feinstem Gold gefertigt ist, beträgt 8'6 Gramm. S) Verg1. u. A. den Katalog der Sammlung Morbio, Abtheilung I. und 11. p. 58 f. 25 dem Grabe GoI d - F ä den im Gewichte von ca. 7 Gramm, welche ohne Zweifel von einer brocatartigen Verbrämung des Leibrockes (vestis, tunica) herrühren. Diese Goldfäden (Figur 7) sind ungemein fein, flach, ungefähr 1 mm breit, offenbar aus einem dünnen Goldblech Fig. 7. geschnitten. Sie zeigen regelmässig auf- und absteigende feine Biegungen, ein Beweis, dass sie einem brocatartigem Stoffe eingewoben waren. Aus ihrer Lage auf den unteren Rumpf-Partien des Skeletes können wir schliessen, dass sie die Reste eines Brocat-Saumes der Tunica sind 1). Der germanische Rock war gemeiniglich unten mit einem Bande oder Streifen versehen, nur bestand derselbe in gewöhnlichen Fällen aus einem buntfarbigen Gewebe aus Leinen oder Wolle 2). 1) Dass die Goldfäden zu dem ledernen Gürtel gehörten, ist völlig ausgeschlossen, schon wegen der Feinheit ihrer Fältelung, welche unbedingt auf ein dünnfädiges Gewebe hinweist. 2) Li n den s eh mit, Handbuch p. 329. Ueber die Tracht speciell der Langobarden besitzen wir eine instructive Schilderung von Pa u I u s Dia c 0 nu s, in jener Stelle seiner Historia Langobardorum, wo er ein die Thaten der Langobarden verherrlichendes Gemälde in dem Palaste der Königin Theodolinde zu Monza beschreibt (Lib. IV. 22): 26 Die Goldfäden gelangten in den Besitz des Ferdinandeums in Gestalt eines zusammengeballten Knäuels. Ich entwirrte denselben in vorsichtiger Weise, und in der That gelang' es, mehrere Figuren, perl- und mäanderartige Verschlingungen, freizulegen (Fig. 7), welche immerhin einen Schluss auf die Zierlichkeit und Kunstfertigkeit des Brocat-Gewebes gestatten. Von dem Stoffe des Gewandes selbst ist natürlich keine Spur erhalten geblieben. Wir können nur per analogiam vermuthen, dass der Leibrock wahrscheinlich aus Seide oder feinem Linnen gefertigt, und weiss oder scharlach farbig war 1). Es muss endlich betont würden, dass sol c heB r 0 ca tReste aus germanischen Gräbern zu den grössten SeI te n h ei t eng e hör e n. Die wenigen Funde dieser Art, welche bisher bekannt geworden 2), sind durchaus viel spärlicher und einfacher, als die von Civezzan0 3). So liefert auch :.In qua pictura manifeste ostenditur, quomodo Langobardi eo tempore comam capitis tondebant, vel qualis illis vestitus qualisve habitus erat. Siquidem cervicem usque ad occiput radentes nudabant, capillos a facie usque ad os dimissos habentes, quos in utramque partem in frontis discrimine dividebant. V e s tim e n ta vero eis erant laxa et maxime linea, qualia Anglisaxones habere solent, ho r n at a ins ti t i s ] at i 0r i bus va rio co 1 0 r e co n tex t i s. Calcei vero eis erant usque ad summum pollicem pene aperti, et alternatim laqueis corrigiarum retenti (cf. auch Lib. I. 24). Postea vero coeperunt osis uti, super quas equitantes tubrugos birreos (Gamaschen aus grobem Tuch) mittebant. Sed hoc de Romanorum consuetudine traxerant c • 1) Sidonius Apollinaris (Lib. IH. ep. 20.) bemerkt über die Tracht des Königs Sigismer i »ipse medius incessit flammeus cocco, rutilus auro, lacteus serico. c VergI. auch Fredegari chron. XXV. und die eben citierte Stelle aus Paulus Diaconus. 2) Sie gehörten meist zu Stirnbändern von Frauen. Co c h e t tombeau de Childeric Ier. p. 175 f. und Li n den s c h m l t, Handbuch p.385. 8) Ueber die Gewandreste in dem Grabe des Herzogs Gisulf von Friaul liegen mir nur die flüchtigen Notizen bei Ar boi t, :& la tom ba di Gisolfo« .p. 10 u. 14 vor. Auch eines der langobardischen Gräber, 27 in diesem Punkte unser Fürstengrab neues und aussergewöhnlich wertvolles Material. 5. Der Arm-Ring. Der unscheinbare und überdies nur fragmentarisch erhaltene Eisen-Ring, den wir auf Tafel IH. Fig. 4 abbilden, ist in mehrfacher Hinsicht von ganz besonderem Interesse. Lindenschmit 1) vertritt die Ansicht, dass Armringe nur in Frauengräbern vorkommen. Allein es wird sowol in historischen Quellen als in der deutschen Sage sehr häufig ausdrücklich hervorgehoben, dass Armringe von vornehmen Helden getragen wurden. Für die Langobarden und Franken ist dies z. B. bezeugt durch die Erzählung von dem Zusammentreffen zwischen dem starken Adelgis, dem Sohne des letzten Langobardellkönigs Desiderius und Karl dem Grossen 2). Aber auch die Grabfuude mehren sich, bei denen Armringe neben Waffen erscheinen und nur als Männer-Schmuck gedeutet werden können. Abgesehen von dem goldenen Armringe in dem Grabe des Frankenkönigs Childerich 1. 3) ist schon lange bekannt di& Gold-Spange aus dem angelsächsischen Kriegergrabe von Gilton' Town 4 ). Vor Kurzem sind nun iu dem langobardischen Todtenfelde von Testona bei Turin 5), und in welche im vorigen Jahrhundert zu Cividale in der Kirche S. Maria in Valle aufgefunden wurden, scheint Reste eines Goldbrocat-Gewandes enthalten zu haben (Arboit 1. o. p. 15 f.) 1) Alterthümer I. 12. 6, und Handbuch p. 294 u. 398. 2) Chronicon Novaliciense IH. 21 und 22. (Mon. Germ. SS. VII.) 3) Co ehe t 1. c. p. 309 ff. Li nd e n s eh mit sucht 1. c. nachzuweisen, dass dieser Armring nicht zur Leiche des Königs, sondern zu einer mitbegrabenen weiblichen Leiche, wahrscheinlich der Königin Basina, gehört habe. Dagegen scheint mir aber schon seine Grösse (Durchmesser = 8·2 cm.) zu sprechen. 4) R 0 ach - S mit h, Inventorium sepulcrale pI. 16, 9. 5) C. e d E. Ca 1 a n d r a: Di una necropoli barbarica scoperta a restona (Atti della Societa di Archeologia e belle ar.t i per la provincia Vol. IV. 1883) p. 34. di tッイゥョセL@ 28 den Gräberfeldern von Keszth31y in Ungarn 1) mehrfach ähnliche Funde gemacht worden, und unser Armring bietet abermals einen thatsächlichen Beleg für die Richtigkeit der Ueberlieferung. Die Form des Armbandes ist ganz gewöhnlich; es gehört jenem Typus an, der in den germanischen Gräbern der merovingischen Periode am häufigsten vorkommt. Der Ring ist offen, und nach den beiden Enden (die hier nur zufällig an einander gerostet sind) beträchtlich verdickt. Eigenthümlich ist in dieser Hinsicht nur die flache blattartige Verbreiterung des Ringstabes an den Enden der grossen Axe. Eine exceptionelle Stellung dagegen nimmt der Armreif in Bezug auf Metall und Technik ein. Die germanischen Armringe sind vorwiegend aus Bronze, manchmal aus Silber oder Gold gefertiget Eis ern e Ancspangen sind, wie es scheint äusserst selten; ioh kenne solche nur aus den langobardischen Gräbern von Testona und Keszthely. Neben der reichen ja kostbaren Ausstattung unseres Fürstengrabes hat ein Schmuckgegenstand aus Eisen entschieden etwas auffallendes. Bei sorgfältiger Untersuchung aber stellt sich heraus, dass die jetzt so unansehnliche Spange einst ein kostbares Geräte war, nicht unwert, den Arm eines Fürsten zu schmücken. Die verstärkten Enden des Ringes sind hohl; sie waren ursprünglich in Platten ausgehämmert, die dann nach innen eingerollt wurden. Zu beiden Seiten der Schluss-Stelle ist je ein Knöpfchen aus goldfarbiger Bronze eingelassen. Die Oberfläche der verbreiterten Ring-Enden zeigt nUll gewebeartig angeordnete Vertiefungen, und es gewinnt bei schärferer Zusieht den Anschein, als ob in denselben früher Fäden und Punkte aus einem anderen Materiale gelegen hätten. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass unser Armring nielliert oder tauschiert gewesen ist, t) W. Li pp: die Gräberfelder von Keszthely, Deutsche Ausgabe. Buda-Pest 1885. p. 71. 29 in ähnlicher Weise wie die beiden oben beschriebenen RiemenZungen. Auf der stark gekrümmten Oberfläche konnten sich die aufgelegten Fäden oder Schmelz-Partikelchen nicht halten, sobald die Eisen-Folie vom Roste angefressen war. Als einzige Reste der alten Dekoration haben sich die beiden erwähnten zufällig etwas stärker eingelassenen Bronze-Knöpfchen erhalten. 6. Die Scheere. Die Scheere (Tafel lV. Figur 4) zeigt, wie alle in gerGräbern gefundenen, den Typus der römischen, respective den unserer Schaf-Scheeren. Die Flügel sind nicht mitte1st eines Nietnagels drehbar, sondern durch einen federnden Bügel fest mit einander verbunden. Die Klingen sind 24 cm lang, und 1'5 cm breit, und weisen zwei neben dem Rücken hin laufende lineare Furchen auf. Das Vorkommen der Scheere in dem Grabe eines Kriegers hat durchaus Nichts Auffallendes. Scheere und Kamm sind im Gegentheile in merovingischer Zeit gewöhnliche Bestandtheile des Grab-lnventars vollständig bewaffneter Männer, uud "müssen geradezu unter die Merkmale einer bevorzugten Stellung des Verstorbenen gezählt werden" 1). Der Kam m hat sicher auch hier nicht gefehlt. Doche ist von demselben in Folge der Vergänglichkeit des Stoffes (Holz oder Bein) keine Spur erhalten geblieben 2). Es ist kaum wahrscheinlich, dass Scheere und Kamm den todten Helden bloss als Toiletten-Artikel ins Grab gelegt wurden, sondern es hatten diese Beigaben ohne Zweifel eine symbolische Bedeutung. Die Haartracht kennzeichnete bei den Germanen die verschiedenen Standesunterschiede. Während die Unfreien geschoren waren, trugen die Freien ュセョゥウ」ィ・@ I) Lindenschmit, Handbuch p 311). 2) Wenigstens ist Nichts davon in unseren Besitz gelangt; bei sorgfältigerer Ausbeutung des Grabes wären vielleicht noch Reste nachweisbar gewesen. 30 langes, nur in bestimmter Weise zugeschnittenes Haar 1). Ganz unverkürztes, über die Schultern herabwallendes Haar aber erscheint als eine Prärogative der Könige C" reges criniti" bei den Franken) 2). .Abschneidell des Haares und Bartes galt bei den Langobarden, Franken und Gothen als Symbol der Adoption 3). Vielleicht dürfen wir vermuten, dass den Leichen der Vornehmen vor der Beisetzung die Haare abgeschnitten wurden zum Zeichen, dass der Tod alle Standesunterschiede auslösche, oder wol auch zum Zeichen der Unterwerfung unter die väterliche Gewalt des "Allvaters", und dass dann die zu diesem symbolischen Akte verwendeten Geräte mitbegraben wurden, um sie weiterem profanem Gebrauche zu entziehen. 7. Die Gefässe. Das Fürstengrab enthielt zwei Gefässe: ein grosses flaches Becken aus Bronze, und einen Holz-Eimer mit eisernem Beschläge. Das B r 0 n z e - B eck e n (Tafel IV. Figur 1), dessen Dur0hmesser 43, und dessen Tiefe 9'5 cm beträgt, besteht - abgesehen von den Henkeln .- aus zwei Theilen. Die eigentliche Schale ist dünnwandig aber nicht ganz gleichmässig ausgetrieben. Der Rand-Streifen ist nicht, wie man nach der Zeichnung und auch bei flüchtiger Betrachtung des Originales vielleicht vermuten möchte, über einen starken Draht-Ring gebogen, sondern das Blech geht allmählig in den Ring über, oder genauer, derselbe ist aus dem gegossenen Ringe herausgehämmert. Beide Theile waren durch Löthung mit einander verbunden, wie auch die zwei Henkel an der t) Verg1. u. A. die oben p. 26 citierte Stelle aus Pnulus Diaconus. 2) Jak. G r i m m, deutsche Rechtsalterthümer 2. Ausg. Gött.ingen 1854 p. 239 u. 339; Li n den s c h mit, Handbuch p. 309 ff.; F e 1. nah n, Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker. Berlin 1881, Bd. I. p. 44 f. 3) J. G r i m m 1. c. p. 146; R. So h m, die fränkische Reichs- 3l Aussenwand des Gefässes festgelöthet waren. Die Löth-Masse, welche nach der Untersuchung von Hrn. Professor Sen hof er im Wesentlichen aus Zinn und Blei besteht, ist durch die Bodenfeuchtigkeit so angegriffen worden, dass die angelötheten Theile des Beckens abfielen. Die beiden Henkel (Tafel IV. Fig. 2) sind gegossen und sehr hübsch stylisiert. Die Befestigungsplatte ist als Epheu-Blatt behandelt, der Bügel. in welchem der schwere Tragring hängt, geht in einen Thier-Kopf (Schlange?) aus. Es muss noch hervorgehoben werden, dass das Becken an mehreren Stellen mitteist aufgenieteter Blechstücke ausgebessert ist. Aehnliche Bronze-Recken sind auch sonst nicht selten in germanischen Gräbern gefunden worden. So bei Verdun 1), in W orms 2), in dem Reihengräberfeld von Wies-Oppenheim (3 Stück) 3) etc. Von dem Holz-Eimer (Tafel IV. Fig.5) ist nur das eiserne Beschläge erhalten, das aus 4 Reifen und der DeckelDekoration besteht. Die obere Weite des Gefässes betrug 19, die Bodenweite 17 cm. Die Höhe lässt sich nicht mehr genau bestimmen. Ebenso wenig vermag ich anzugeben, ob der Eimer gehen kelt, und ob der Deckel durch ein Charnier mit dem Gefässe verbunden war. Da der Deckel selbst mit einem Henkel versehen ist, so möchte ich eher vermuten, dass er abhebbar war, und der Verschluss durch zwei Zapfen hergestellt wurde, welche in einen an der Innenseite des Eimers angebrachten Falz eingriffen. Der Eimer hatte jedenfalls und Gerichtsverfassung, Weimar 1871, p. 549; O. S tob b e, Beiträge zur Geschichte des deutschen Rechts, Braunschweig 1865, p. 7. Vergl. u. A. auch Paulus Diaconus, IV. 38, und VI. 53. 1) Lindenschmit, Handbuch p. 71 und 166. 2) Ibidem p. 102. 3) Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 1880, Verhandlungen der XI. AnthropologenVersammlung p. 53. 32 einen Ausguss-Schnabel, wie sich aus der an dem Rand-Ringe des Deckelbeschläges vorhandenen Ausbiegung erkennen lässt. Der Schnabel war höchst wahrscheinlich an jener Stelle angebracht, wo der oberste Reif den bügelartigen Ansatz zeigt. Von besonderem Interesse ist das zierliche D eck e 1Be s chI ä g e Ht。ヲ・セ@ IV. Fig. 5 a). Aus einem runden Eisenblech sind 6 Kreis-Segmente ausgeschnitten, so dass ein Randstreifen und drei in der Mitte sich kreuzende Schienen stehen blieben. Auf einer der Schienen, welche etwas breiter gehalten ist, erscheint der Tragbügel aus gewundenem Eisendraht festgenietet. Der kreisförmige Randstreifen wurde um die Kanten des Deckelbrettes herabgebogen, und mit Nägeln befestiget. Sowol die Kreuz-Schienen als die Randstreifen sind endlich mit gewundenen Eisendrähten verziert, welche durch übergreifende in das Holz eingeschlagene Zwingen auf dem Deckel niedergehalten wurden (Tafel IV. Fig. 5 b ). Das Deckel-Beschläge hat übrigens sehr gelitten, und konnte nur mühsam aus den spärlichen und wirren Fragmenten 1'econstruiert werden. Ein Analogon zu diesem originellen und geschmackvollen Deckel-Beschläge ist mir nicht bekannt. Die Langobarden waren nach der Versicherung des Paulus Diaconus schon früh als treffliche Waffenschmiede berühmtl). Nach unserem SargBeschläge und dem Eimerdeckel zu schliessen, besassen sie auch in anderen Zweigen des Schmiede-Handwerks einen hohen Grad von Kunstfertigkeit. Holz-Eimer begegnen häufig als Grab-Beigaben in merovingischer Zeit. Sie sind theils einfach mit Holz-Reifen gebunden, wie die von Oberflacht 2), meistens aber zeigen sie Beschläge aus Erz 3). Mit Eisen beschlagene Eimer wurden 1) »Arma quoque praecipua sub eo (rege Alboin) fabricata fuisse a multis hucusque narratur C , Paulus Diaconus, Rist. Langob. 1. 27. 2) v. Dürrich und W. Menzel 1. c. p. 10 ff. Tafel X. -i5 und XI. 53. 8) Die einschlägige Literatur ist verzeichnet bei Li n cl e n s c h mit, 33 gefunden in den burgundischen Gräbern bei Charnay 1) und in den Gräberfeldern von Keszthely am Plattensee in Ungarn 2). Von uralters her war es Sitte, den Todten Speise und Trank mit ins Grab セオ@ geben, und es unterliegt keinem ZweIfel, dass dies auch noch in merovingischer Zeit bei den Germanen üblich war. üb wir die Gefässe in unserem Fürstengrabe auch in diesem Sinne zu deuten haben, erscheint allerdings etwas fraglich, da das Bronze-Becken (nach der wiederholten Versicherung der Finder) um g e s tür z t auf der Leiche lag. War der altheidnische Brauch vielleicht auch hier bereits in christlich -lithurgischem Sinne umgedeutet? II. Die Fundgegenstände aus den übrigen Gräbern. Gegenüber der prächtigen und ausserordentlich mannigfaltigen Ausstattung des Fürstengrabes treten die Fundobjecte aus den übrigen Gräbern völlig in den Hintergrund. Wir haben dieselben auf Tafel V. zusammengestellt. Die s p a t h a aus dem zuerst geöffneten Grabe (Tafel V. Fig. 1) ist mit Einschluss der Griffzunge 84 cm lang, uud 5'5 cm breit. Spuren der hölzernen Scheide sind an der Klinge erkennbar. Vom Scheiden-Beschläge sowie vom Griff ist Nichts erhalten. Der bronzene vierseitig pyramidale K no p f (Tafel V. Fig. 2) ist etwas kleiner als die analogen aus dem Fürstengrabe, und unterscheidet sich von diesen ausserdem durch die abgestumpfte Spitze. Die eiserne Gürtelschnalle Alterthümer III. 2. 6; vergI. auch C 0 c h e t, tombeau de Childeric I. p. 388 u. 436, und J. W ü r d in ger »Die Platten- und Reihengräber in Bayern<t (Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns I. p. 145). 1) H. Bau d 0 t , Memoire sus les sepultures des barbares de l' epoque merovingienne decouvertes en Bourgogne, 1860. cf. Li nd e nsc h mit, Alterthümer III. 2. 6. 2) Li pp, l. c. p. 26 f. 3 34 (Tafel V. Fig. 9) gehört demselben Typus mit dreiseitiger Beschläg-Platte an, wie die aus dem Fürstengrabe ; das Gegenbeschläge, welches bei den letzteren fehlt, ist hier erhalten. In dem dritten Grabe fanden sich drei Pfeilspitzen (Tafel V. Fig. 10 und 11), ebenfalls dreilappig (die Schneiden aber nicht geflammt) und mit langem Dorn versehen. Die Gürtel-Schnalle aus Bronze (Tafel V. Fig. 3) ist hübsch gearbeitet und trefflich erhalten. Die dreieckige Beschläg-Platte, welche am untern Ende eine zierliche Schweifung zeigt, ist mit drei halbkugeligen ver go 1d e t e n Knöpfen, die von einem schnurartig gekerbten Ringe umgeben sind, geschmückt. Das Gegenbeschläge ist genau symmetrisch behandelt, so dass beide Theile znsammen eine sehr gefällige Gürtel-Schliesse bilden. (Die nebenstehende Abbildung derselben Fig. 8 ist in der halben Grösse des Originales gezeichnet). Fig.8. Das dritte Grab 1) enthielt zwei, das vierte vier R i e me nzu n gen aus Bronze (Tafel V. Fig. 4-7). Dieselben sind ungleich gross (die Länge variiert zwischen 10·5 und 4·8 cm ), nach uoten geschweift, an den Seiten abgekantet. Ihre Oberfläche ist glatt, nur die kleinste (T. V. 7.) zeigt ein einfaches Ornament eingraviert: zwischen je zwei horizontalen Linien zwei sich kreuzende Diagonalen. Die Bronze-Knöpfe der Heftnägel sind (mit Ausnahme der grössten Zuege, T. V. 4) ebenso behandelt, wie die der GÜrtel-Schliesse. 1) In diesem Grabe fand sich auch ein kleiner offener Ring au s Bronze (Tafel V. Fig. 13), welcher ebenfalls zu dem Riemzeuge gehört haben dürfte. 35 Dasselbe ist bei den Gürtel-Beschlägen (Tafel V. Fig. 8, 12, 14 und 15) der Fall, von denen sich im dritten Grabe vier, im vierten fünf Exemplare vorfanden. Dieselben sind ebenso wie die Beschläg-Platten der bronzenen GürtelSchnalle auf der Rückseite mit stark vortretenden nahe am unteren Rande durchbohrten Haften versehen. Die Befestigung erfolgte also wol in der Weise, dass die Haften durch das Leder gesteckt, und dann ein Stift durch die Haften-Löcher gescho ben wurde. Die Verwendung dieser Gürtel-Beschläge ist übrigens nicht ganz klar. Sechs derselben zeigen an dem Schmal-Ende einen reohteckigen Ausschnitt, 、セイ」ィ@ welchen wahrscheinlich ein Riemen gezogen wurde. Der Typus, welchen Figur 8 auf Tafel V. widergibt, ist nur in einem Exemplare vertreten 1). Es ist nun eine sehr interessante und für die Bestimmung unseres Grabfundes höchst bedeutsame Thatsache, dass ga n z gleiche Gürtel-Schnallen, Riemen-Zungen und G ü r t e 1- B e s chi ä g e s ich n i 0 h t nur i n dem I a n g obar dis ehe n F r i e d hof e von T. e s ton a 2), S 0 n der n auch in den Grabfeldern von Keszthe1y in Ungarn 3) gefunden haben. An allen drei Fundorten haben diese Schmuckstücke ganz genau dieselbe Form, und dieselben Ornamente 4). Wir haben schliesslich noch hervorzuheben, dass bereits ti'üher bei Civezzano Grabfunde von ganz gleichartigem Typus gemacht wurden. Schon vor mehreren Jahren sollen dort in 1) Auf der Oberfläche zweier dieser Beschläg-Stücke (Taf. V. 14 und 15) erscheint in dem grünen Roste deutlich ein ziemlich grobfädiges Gewebe abgedrückt. Wir dürfen vielleicht daraus schliessen, dass die Leichen mit einem Obergewande oder Mantel beigesetzt waren. 2) Calandra 1. c. p. 32 ff. Tafel IH. Fig. 1-11. S) Lipp 1. c. p. 43 u. 103. 4) Die einzige Abweichung besteht darin, dass bei den Funden von Keszthely die (im U ebrigen auch vollständig übereinstimmend behandelten) Buckel-Knöpfe nicht aus Bronze, sondern aus blauem Glase bestehen. 3* 36 einem Grabe ein Schildbuckel und verschiedene Fragmente aus Eisen und Bronze gefunden worden sein 1). Das Museum von Trient besitzt aus Civezzano eine Gürtel-Schnalle sammt Gegenbeschläge, drei Riemenzungen aus Bronze, alle vier Stücke mit den eben beschriebenen vollständig übereinstimmend, und ausserdE'm noch einen Bronze-Knopf; weiter befinden sich in dem genannten Museum (aus der Sammlung des Grafen Ben. Giovanelli stammend) Fragmente von GürtelSchnallen und Riemen-Beschlägen, ebenfalls mit den obigen genau übereinstimmend, welche höchst wahrscheinlich aus Civezzano kommen. Es ist also aus derselben Localität bereits eine ansehnliche Zahl von Gräbern nachgewiesen, die offenbar zu einem zusammenhängenden grösseren Leichenfelde gehören 2). Der Typus der Beigaben ist durchaus ein germanischer. Die vier zuerst beschriebenen Gräber waren reihenweise und in bestimmten Abständen geordnet. Die Leichen lagen mit dem Gesichte nach Osten orientiert. Nach all dem unterliegt es keinem Zweifel, dass wir es hier mit einem ei gen t I ich e n Re i h eng r ä b e r - F e 1 d e zu thun haben. Es waren ses s h a f t e c h r ist 1ich e Ger man e n , welche auf den Höhen von Civezzano ihre Todten zur letzten Ruhe betteten. Von vorne herein kommen da in erster Linie die La n g 0 bar den in Betracht. Diese besetzten gleich nach ihrem Einfall in Italien unter König Alboin da.s südliche Tirol, und richteten in Trient ein Herzogthum ein. Ihre Herrschaft hielt sich hier bis zur Zerstörung des Langobarden1) L. Ca m pi, 1. c. p. 20. 2) Ob die von Herrn Campi 1. c. p. 21 erwähnten, angeblich ganz vor Kurzem bei Civezzano gemachten Grabfunde auch zu diesem Leichenfelde gehören, erscheint nach den von mir eingeZOgenen Erkundigungen sehr コキ・ゥヲャィ。セN@ 37 Reiches durch Karl den Grossen 1). Als unzweifelhaft langobardisch er wie sen werden unsere Grabfunde durch die zahlreichen, frappanten, häufig bis ins kleinste Detail genauen Uebereinstimmungen mit anderweitigen Denkmälern des langobardischen eultur-Kreises, welche wir im Laufe unserer Untersuchung anzuführen Gelegenheit hatten. Was das Alter der Langobarden-Gräber von Ci v e z z a n 0 betrifft, so werden wir sie wol nicht über das VIL Jahrhundert herauf datieren dürfen; möglicher Weise aber fallen sie noch in das VI. Jahrhundert. Auf fr ü hlangobardische Zeit weisen mehrere Momente: der Typus des Holzsarges, der sich eng an die Form des römischen Sarkophages anschliesst; das Hereinragen rein heidnischer V orstellungen (ich erinnere beispielsweise nur an die Thierköpfe auf dem Sarg-Deckel); ganz besonders bezeichnend aber ist in dieser Hinsicht das genaue Zusammenstimmen der Beigaben in unseren Gräbern mit den Funden in Pannonien, also jenen westlich von der Donau gelegenen Gebieten, in denen sich die Langobarden unmittelbar vor ihrem Zuge nach Italien aufgehalten haben 2). Es läge nahe, das Fürstengrab von Civezzano mit einem der langobardischen Herzoge von Trient in Verbindung zu bringen 3), und anzunehmen, dass diese in dem hoch gelegenen ') Ueber die Ausdehnung des Langobarden-Reiches gegen Nordenvergl. die Untersuchungen von A. Hub er in den Mittheilungen d. Inst. f. österr. Geschichtsforschung II. p. 367 ff. 2) Seit dem Jahre 526. Vergl. u. A. Paulus Diaconus II. 7; Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit, VIII. Jh. Bd. IV. 2. Auflage p. 240: Fe 1. Da h n, Bausteine Ir. p. 290; J. J u n g, Römer und Romanen in den DonauJändern II. Aufl. Innsbruck 1887. p. 204. 3) Es sind uns durch Paulus Diaconus die Namen mehrerer Herzoge von Trient überliefert. Als der erste wird genannt E w in (gestorben 595). Ihm folgte Gaidoald, »vir bonus ac fide catholicus" (die Langobarden waren bei ihrer Einwanderung in Italien bekanntlich Arianer, viele noch Heiden, cf. P. Diac. IV. 6.). Gegen Ende des 7. Jahrhunderts herrschte in Trient der schlimme Al a his, der sich gegen 38 Civezzano ihre Sommer-Residenz hatten, ähnlich wie sich einst der Gothenkönig Theodorich bei Monza einen Sommer-Palast erbaute, weil dieser näher bei den Alpen gelegene Punkt gegen die sommerliche Hitze Kühlung bot l ). Wir verzichten indessen auf eine derartige Identificierung, für welche sich keine genügend sicheren Anhaltspunkte bieten. Es ist übrigens sehr wahrscheinlich, dass auch in unmittelbarer Nähe der Stadt Trient ein langobardischer Friedhof vorhanden war, nämlich am Fusse des Burgfelsens Verrnca auf dem rechten Etsch-Ufer, an der Stelle der heutigen Vorstadt Piedicastello. Das Museum von Trient besitzt nämlich ein kleines Kreuz aus glattem Goldblech; auf dem dazu gehörigen Zettel steht, von alter Hand geschrieben, folgende Notiz: "Croce trovata il 1. di Sett. 1838 in Pieclica.stello presso la casa di Rocco Segala sopra un scheletl'o in sepolcro di pietra pl'esso molti altri sepolcri nella fila medesima, ma questi di terra cotta. Erano quelli scheletri degli anti chi frati Benedettini e q ue110 con la detta croce d' un 101'0 Ab bate ". 2) Das Schmuckstück ist aber eines jener charakteristisch langobardischen Goldblatt - Kreuze, die wir oben besprochen haben; der vermeintliche Abt war ein edler Langobarde, und die Benedictiner-Mönche waren ohne Zweifel seine Stammesgenossen. Ueber die äussere Ausschmückung und Kennzeichnung der Gräber auf den langobardischen Friedhöfen ist uns Nichts die »Pfaff'enkönige « Perctarit und Cunincpert empörte, aber endlich in der mörderischen Schlacht bei Verona erschlagen wurde (a. 690). Ausserdem wird erwäbnt ein ,.comes Langobardorum deLagare (=ValLagarina) Ragilo nomine" aus dem Ende des VI. Jahrhunderts (P. Diac. IH. 9.), und ein langobardischer Graf Urs i n gaus d. Anfang des VIII. Jh. (in Aribo's Vita Corbiniani [Meiehe1beck, Bist. Frising. I.]). t) :. Quo in Ioeo [Modieia] etiam Theuderieus quondam Gotborum rex palatium eonstruxit, pro eo, quod aestivo tempore loeus ipse, utpote Yieinus Alpibus, temperatus ac salubris existit". (Paulus Diaeonus IV. 21). 2) P. 0 r s i im A reh. Stor. per Trieste, Istria e i1 Trentino II. p. 148. Das Kreuz ist abgebildet bei L. Campi 1. c. p. 17. 39 überliefert. Doch steht jedenfalls fest, dass die Langobarden dem Gräber-Cultus mit besonderer Pietät huldigten 1). Das beweist u. A. die schöne Sitte, den in der Fremde verstorbenen Verwandten auf der heimischen Begräbnisstätte Erinnerungszeichen aufzurichten. Paulus Diaconus, dessen Schriften ja überhaupt edelste Begeisterung für Sitte und Sage seines Volkes warm durchströmt, hat uns auch diesen Zug langobardischen Volksthumes aufbewahrt. Ich theile die Stelle, aus welcher wir wenigstens ein e Seite von der äussern Erscheinung langobardischer Friedhöfe kennen lernen, wortgetreu mit. Paulus Diaconus erzählt 2), Rodelinde, die Gattin des Königs Perctarit, habe ausserhalb der Mauern von Pavia der Gottesmutter eine prachtvolle Kirche, welche "b eid e n S ta n gen" genannt wurde, erbaut. "Bei den Stangen aber hiess der Ort, weil hier früher aufrechte Stangen standen, welche nach langobardischer Sitte aus folgendem Grunde aufgerichtet zu werden pflegten : Wenn Jemand irgendwo im Kriege oder sonstwie umgekommen war, so setzten ihm seine Verwandten zwischen ihren Grabstätten eine Stange, auf t) Auf Störung nnd Beraubung von Gräbern standen nach la.ngobardischem Recht sehr hohe Strafen. In dem Edict des Königs Rothari heisst es diesbezüglich: ,,] 5. D e c rap wo r fi n. Si quis sepulturam hominis mortui ruperit. et corpus expoliaverit aut foris iactaverit, non gen tos sol e dos si t cu I pa v e 1i sparentibus sepulti. Et si parentis proximi non fuerint, tunc gastaldius regis aut sculdahis requirat culpa ipsa, ed ad curte regis exegat«. - (Nach mehr als einem Jahrtausend hat diese Bestimmung König Rothari's auch UDS ereilt. Auch wir mussten für unser l> crapworfin セL@ für die Störung der Grabesruhe der langobardischen Helden von Civezzano die festgesetzten 900 solidi pünktlich bezahlen.) 2) Rist. Langob. Lib. V. 34: ]) . • • . A d per t i c a s autem locus ipse ideo dicitur. quia ibi olim perticae, id est trabes, erectae steterant, quae ob hanc causam iuxta morem Langobardorum poni solebant: si quis enim in aliquam partem aut in bello aut quomodocumque extinctus fuisset. consanguinei eius intra. sepulchra sua perticam figebant, in cuius summitate columbam ex ligno factam ponebant, quae illuc versa esset, ubi illorum dilectul> obisset, scilicet ut seiri possit, in quam partem his qui defunctus fuerat quiesceret «. 40 deren Spitze eine hölzerne Taube befestigt war, welche nach jener Gegend schaute, wo ihr Geliebter gestorben war, auf dass man wissen könne, nach welcher Seite hin des Todten letzte Ruhstatt liege." - Der langobardische Cultnrkreis ist im Vergleiche mit dem anderer deutscher Stämme, namentlich der Angelsachsen, der Franken und Alemannen, bisher nur wenig durch Grabfunde erschlossen. Die interessante Thatsache, dass in der Bestattungsweise und dem Typus der Grab-Beigaben bei allen germanischen Stämmen die grösste Uebereinstimmung herrschte, erscheint auch für die Langobarden durch das bereits vorliegende Material im Wes e n t I ich e n bestätiget. Es sind aber andererseits doch wieder so manche Besonderheiten und individuelle Züge specifisch langobardischen Brauches herausgetreten, dass ein lebhaftes Verlangen nach neuen ergiebigen Quellen in uns wachgerufen werden muss. Mögen weitere Grabfunde uns recht bald reiche und bedeutsame Aufschlüsse bringen! - 41 Erklärung der Tafeln. Auf Tafel I-IV. sind die Fundobjecte aus dem Fürstengrabe, auf Tafel V. die aus den übrigen Gräbern dargestellt. Tafel I. Der S arg, nach dem fast vollständig erhaltenen EisenBesohläge reconstruiert. - %0 der Original-Grösse. Tafelll. Figur la: Sc h i 1d b u c k el aus Eisen mit vergoldetem Bronze-Beschläge. - 1fs d. Orig.-Gr. 1b: Kreuzbeschläge des Schildbuckels. - % d. Orig.-Gr. " 1C: Zier-Knöpfe des Schildbuckels und der Schildwand (Ansicht von oben und von der Seite). Orig.-Gr. " l d : Fragmente der Schild-Spange. - 1/2 d. Orig.-Gr. " 2: Skramasax, Eisen. - % d. Orig.-Gr. " 3: Mundstück der Langschwert-Scheide, Bronze. - Orig.-Gr. " 4: La n g s c h wer t (spatha), Eisen. - 1/5 d.Orig.-Gr. ,. 5: Nie t - B 1ä t t ehe n vom Griffe des Langschwertes, Bronze. - Orig.-Gr. " 6 und 7: Pfeil-Spitzen, Eisen. - % d.Or.-Gr. " 8: L an zen - S p it z e , Eisen. - 1/3 d. Orig.-Gr. 42 Tafel 111. Figur 1: Go I d b la t t-K reuz. - Orig.-Gr. 2 und 3: Eiserne R i em e n- Z u ng e n mit Tauschim'arbeit. - Orig.-Gr. 4: Armring, Eisen. - Orig.-Gr. 5 a und b: Riem en - B esch läge, Bronze, verzinnt. Orig.-Gr. Tafel IV. Figur 1: Bronze-B ecken. - 1/4 d. Orig.-Gr. 2: Randstück des Beckens mit He n k el r i n g. Orig.-Gr. 3 a und b: vierseitig p y ra m i d ale r K n 0 p f, Bronze. - Orig.-Gr. " 4: Scheere, Eisen. - % d. Orig.-Gr. " 5: Hol z - Ei m e r mit eisernen Reifen, reconstruiert. - % d. Orig.-Gr. 5 a : Deckel desEimers,reconstruiert.- %d.Or.-Gr. 5b : Randstück des D eck e 1- B es chi ä ge s, Eisen. - Orig.-Gr. 6: Gürtel-Schnalle, Eisen. - 3h d. Orig.-Gr. 7: Eiserne Sc h na 11 e mit freibeweglichem Dorn. 1/2 d. Orig.-Gr. 8: Gürtel-Schnalle, Eisen. - % d. Orig.-Gr. Tafel V. Figur 1: Langschwert, Eisen. - % d. Orig.-Gr. (In Folge eines ' Versehens ist hier das Mundstück der Schwertscheide eingezeichnet; bei dieser spatha ist von einem Scheidenbeschläge Nichts erhalten). 2 a und b: vierseitig pyramidaler Knopf, Bronze. - Orig.-Gr. 43 Figur 3: Gürte 1- Sohnall e, Bronze. " 4-7: Riemen-Zungen, Bronze. 8 a u. b: R i e m e n b e s chI ä g e, Bronze. 9: G ü r te 1- S eh n alle, Eisen. 10 u. 11: Pfeil-Spitzen, Eisen. " 12a u. b: Riemenbeschläge, Bronze. " 13: R i n g aus Bronze-Draht. " 14 u. 15: R i e m e n b e s chI ä g e, Bronze. 16: Meisselartiges Werkzeug, Bronze. d. Orig.-Gr. 3/4 Tafel I. Tafel TI. 1-' Tafel III. f .' Tafel IV. 1 Tafel V. G 16 9 ''I- 13 0'...... ,,: >..... : \, .,! '\ DRUCK DER WAGNER'SCHEN UNIVERSITlETS-BUCHDRGCKEREI.